#11. Linkbuilding für Kanzleien im KI-Zeitalter

Stephan Ernst
Letztes Update: 24. September 2025
KI
SEO

Wie Erwähnungen und Empfehlungen die Sichtbarkeit Ihrer Kanzlei steigern

Ein Mandant gibt folgenden Prompt bei ChatGPT ein: „Nenne mir in einer Rangliste von 1-10 in alphabetischer Reihenfolge Kanzleien in Hamburg, die auf  IT-Recht spezialisiert sind!“ Ihre ist nicht dabei, obwohl Sie seit Jahren auf diesem Gebiet arbeiten. Ein Grund könnte sein, dass Ihre Konkurrenz regelmäßig in Fachmedien erwähnt und zitiert wird, während Ihre Expertise digital unsichtbar bleibt.

Für Kanzleien war Linkbuilding lange Zeit zentral für die SEO-Strategie. Backlinks von Fachportalen und Branchenverbänden signalisierten Google Relevanz und Vertrauen. In KI-Systemen zählen aber nicht nur direkte Links, sondern auch digitale Erwähnungen, Quellenangaben und die Zitierfähigkeit juristischer Inhalte.

Die neue Realität: Sichtbarkeit entsteht durch Erwähnung und Reputation. Wer systematisch an seinem fachlichen Profil arbeitet, profitiert doppelt – bei Google und in KI-Antworten.

Linkbuilding für Kanzleien im KI-Zeitalter

Klassisches Linkbuilding funktioniert weiterhin

Backlinks bleiben eine der wichtigsten SEO-Stellschrauben für Kanzleien. Google interpretiert Verlinkungen von juristischen Fachportalen, Branchenverbänden oder renommierten Medien als starke Vertrauenssignale. Diese klassischen Empfehlungen zahlen sich auch heute noch aus.

Allerdings konzentrieren sich viele Kanzleien ausschließlich auf Branchenverzeichnisse. Diese Einträge haben durchaus ihre Berechtigung, entfalten aber längst nicht die Wirkung wie hochwertige redaktionelle Links. Qualität schlägt Quantität – ein Gastbeitrag in einem Fachportal wirkt stärker als ein Eintrag in einem Verzeichnis. Diese Branchenverzeichnisse sind hier aber nicht zu verwechseln mit dem Kanzleiprofil bei Google My Business. Dieses Verzeichnis ist ohne Zweifel elementar wichtig für jede Kanzlei.

Digitale Erwähnungen werden zu „Backlinks der KI“

KI-Systeme wie ChatGPT oder Google AI Overviews bewerten Expertise nach anderen Kriterien als die klassische Suche. Für sie zählt nicht nur, wer verlinkt wird, sondern wer als Quelle erwähnt wird. Ein Beitrag in einer Fachzeitschrift, ein Experteninterview oder eine Nennung auf der Kammer-Website können von KI-Systemen als Relevanzsignal interpretiert werden – auch ohne direkten Link zur Website.

Diese Verschiebung eröffnet gerade kleineren Kanzleien neue Chancen. Während etablierte Großkanzleien bei der klassischen Linkgewinnung oft im Vorteil sind, können spezialisierte Anwälte durch fachliche Beiträge und Expertenstatus gleichwertige digitale Sichtbarkeit aufbauen.

Juristische Citations als Vertrauenssignal

KI-Systeme achten besonders auf Quellenstrukturen in juristischen Texten. Inhalte, die sauber mit Gesetzen, Urteilen und Fachliteratur belegt sind, gelten als vertrauenswürdiger. Ein Artikel über Eigenbedarfskündigungen, der relevante BGH-Entscheidungen korrekt zitiert, hat deutlich bessere Chancen, von KI-Systemen als autoritativ eingestuft zu werden.

Konkret bedeutet das: Statt vager Aussagen wie „Eigenbedarfskündigungen sind oft problematisch“ verwenden Sie präzise Belege: „Eigenbedarfskündigungen scheitern nach BGH-Rechtsprechung in 40% der Fälle (BGH VIII ZR 27/20). Hauptgrund ist die fehlende Substantiierung des Eigenbedarfs.“ Diese strukturierte Aufbereitung entspricht dem Chunk-Prinzip aus Artikel 2 und macht Ihre Inhalte für KI-Systeme verwertbar.

Drei Wege zu mehr digitaler Sichtbarkeit

Fachmedien strategisch nutzen: Juristische Fachportale gelten sowohl bei Google als auch bei KI-Systemen als besonders vertrauenswürdige Quellen. Legal Tribune Online, der Blog eines Fachmagazins oder Ihre Kammer-Publikationen bieten ideale Plattformen für Ihr Fachwissen. Entwickeln Sie zwei konkrete Themen aus Ihrer Praxis und bieten Sie einem Fachmedium einen fundierten 800-Wort-Artikel an.

Diese Portale eignen sich besonders gut:

  • Legal Tribune Online (LTO) – große Reichweite, akzeptiert regelmäßig Gastbeiträge
  • Blogs von Fachmagazinen – hohe fachliche Autorität
  • Kammer-Publikationen – lokale Relevanz und Vertrauen
  • Branchenspezifische Magazine je nach Spezialisierung

Bewertungen systematisch sammeln: Positive Mandantenbewertungen sind für KI-Systeme wichtige Qualitätsindikatoren. Sie belegen nicht nur Zufriedenheit, sondern auch Ihre praktische Tätigkeit in bestimmten Rechtsgebieten. Bitten Sie zufriedene Mandanten nach erfolgreichem Mandatsabschluss freundlich um eine Google-Bewertung. Ein kurzer Hinweis in der Abschluss-E-Mail genügt bereits.

Communities aktiv nutzen: LinkedIn und Xing bieten Plattformen, um Fachwissen zu zeigen, ohne direkt zu werben. Kommentieren Sie regelmäßig Beiträge zu Ihren Fachgebieten mit fundierten Ergänzungen. Teilen Sie interessante Urteile mit kurzer Einordnung. Ihr Ziel ist der Aufbau von Reputation als Experte, nicht Kanzleiwerbung.

Praktische Umsetzung in vier Wochen

  1. Woche 1: Schaffen Sie die Grundlagen. Prüfen Sie Ihre bestehenden Google-Bewertungen und antworten Sie professionell auf alle Kommentare. Erstellen Sie eine Liste mit drei relevanten Fachmedien für Ihr Rechtsgebiet. Notieren Sie sich zwei konkrete Themen aus Ihrer Praxis, über die Sie kompetent schreiben können.
  2. Woche 2: Werden Sie aktiv. Kontaktieren Sie ein Fachmedium mit einem konkreten Artikelvorschlag. Beginnen Sie, wöchentlich zwei relevante LinkedIn-Beiträge qualifiziert zu kommentieren. Bitten Sie einen zufriedenen Mandanten um eine Google-Bewertung.
  3. Woche 3: Produzieren Sie Inhalte. Schreiben Sie Ihren ersten Fachartikel mit Rechtsprechungsbelegen – etwa 800 Wörter reichen. Planen Sie die Teilnahme an einer Fachveranstaltung.
  4. Woche 4: Ernten Sie erste Erfolge. Reichen Sie den fertigen Artikel beim Fachmedium ein. Etablieren Sie systematische Bewertungsanfragen nach jedem Mandatsabschluss. Bewerten Sie Ihre Fortschritte und planen Sie weitere Aktivitäten.

Erfolg richtig messen

Nach einigen Monaten sehen Sie erste Ergebnisse: Ihre Google-Bewertungen nehmen zu, Sie haben erste Beiträge in Fachmedien veröffentlicht und bekommen mehr Reaktionen auf Ihre Online-Aktivitäten. Testen Sie regelmäßig, ob KI-Systeme Sie bereits empfehlen: Fragen Sie ChatGPT „Welcher Anwalt hilft bei [Ihr Fachgebiet] in [Ihrer Stadt]?“

Nach weiteren Monaten verstärkt sich die Wirkung: Mandanten fragen gezielt nach Ihren Fachbeiträgen, Sie erhalten Medienanfragen oder Einladungen zu Veranstaltungen. Ihre Google-Rankings für wichtige Keywords verbessern sich messbar.

Fallstricke vermeiden

Setzen Sie niemals auf Linkkauf – gekaufte Empfehlungen schaden Ihrer Reputation langfristig mehr, als sie kurzfristig nützen. Veröffentlichen Sie keine Inhalte ohne Quellenangaben, da KI-Systeme unbelegte Aussagen als weniger vertrauenswürdig einstufen. Vermeiden Sie zu werbliche Töne in Fachbeiträgen, informieren Sie, statt für Ihre Kanzlei zu werben. Und haben Sie Geduld: Digitale Reputation entwickelt sich über Monate, nicht über Wochen.

Fazit: Links und Erwähnungen verstärken sich gegenseitig

Erfolgreiches Linkbuilding umfasst heute klassische Backlinks und digitale Erwähnungen gleichermaßen. Wer seine Inhalte so gestaltet, dass sie für Google empfehlenswert und für KI-Systeme zitierfähig sind, steigert seine Sichtbarkeit in beiden Welten.

Qualität, präzise Quellenangaben und thematische Autorität wirken stärker als die reine Masse an Links. So sichern sich Kanzleien sowohl klassische Suchmaschinen-Reichweite als auch die Chance, als vertrauenswürdige Quelle in KI-Antworten zu erscheinen. Die Kombination aus klassischem Linkbuilding und strategischem Reputationsaufbau wird zum entscheidenden Erfolgsfaktor für die digitale Sichtbarkeit von Kanzleien.

Ausblick

In Artikel 12 zeigen wir, warum Google Content-Pflege und KI-Systeme Substanz prüfen – und wie Kanzleien Inhalte aktuell halten.

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Stephan Ernst
Webentwickler & SEO-Berater